2023, der letzte Tag im April, es ist nicht ganz lauwarm, die Erderwärmung findet anderswo statt. Oder zu einer anderen Zeit. Jedenfalls nicht jetzt in der oberen Hälfte Deutschlands.
Seit Monaten warte ich darauf, dass es ein paar zusammenhängende Tage gibt, an denen wir Tagestemperaturen von mindestens 15, besser 18° C haben, nachts sollte es nicht mehr unter 9° C fallen. Das Ganze am Wochenende, vor allem an langen Wochenenden wäre cool. In den letzten fünf Monaten gab es nur vereinzelte Tage, an denen meine Wunschtemperatur für ein paar wenige Stunden tagsüber erreicht wurden, nachts dagegen war es dann wieder fast frostig. Oder es war windig. Oder es hat geregnet. Und an den paar Tagen, die in die engere Wahl kamen, gab es dann noch andere wichtige Dinge wie Geburtstagsfeiern, ein Richtfest, Frühjahrsputz.
Der Plan
„Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, mache einen Plan.“ So lautet ein Spruch, den ich schon lange kenne und immer wieder auch mal verwende. Meistens gegenüber anderen. Ich hatte auch Pläne. Ziele. Träume. Wünsche. Und dauernd kam das Leben dazwischen. Immer wieder. Und immer wieder habe ich mich davon abhalten lassen, das zu tun, was ich will. Natürlich ist spätestens beim Thema Beziehung der eine oder andere Kompromiss angesagt, wenn man seinen Partner, seine Partnerin nicht direkt in die Wüste schicken will. Oder wenn Kinder, diese kleinen Wesen, die noch viel Unterstützung brauchen, „Papa“ oder „Mama“ zu Dir sagen.
Mein Plan waren eine ganze Menge Pläne: ich wollte reisen, die beste Beziehung von allen, viel Geld verdienen, nicht ganz so viel arbeiten und wenn, dann nur Dinge, die mir Spass machen. Warm sollte es sein, wo ich bin und das kann genausogut am Meer, wie auch in den Bergen sein. Menschen helfen und ihnen etwas beibringen wollte ich, irgendwas mit Musik machen, dem deutschen Finanzamt ein Schnippchen schlagen, mehrere Sprachen einigermaßen gut sprechen, viele Menschen kennenlernen. Ich wollte abnehmen, sportlicher werden, aufhören zu rauchen, nicht so viel überflüssigen und vor allem zweitklassigen Kram kaufen, insgesamt wollte ich gesünder leben und qualitativ hochwertigere Dinge besitzen. Ich wollte Minimalismus testen, andere Kulturen kennenlernen, unabhängig von allem werden und die Umwelt mehr schonen.
Manche Dinge habe ich zumindest teilweise umsetzen können, andere warten noch darauf, dass ich sie in Angriff nehme und wieder andere habe ich aufgegeben, teilweise zugunsten neuer Pläne und Ziele.
Ein neuer Abschnitt
Es fing bereits vor einiger Zeit an und das ist so eine Sache: wann ist der Zeitpunkt, den man als Startpunkt für etwas definiert? Ist es der Tag, an dem man endlich loslegt oder zählen die Wochen des Wartens oder die Monate der Vorbereitung auch dazu?
Vor fünf Jahren habe ich mir ein älteres, gebrauchtes Auto gekauft, der vorherige Wagen hatte seinen Dienst getan. Ich fahre überwiegend ältere Autos, weil die insgesamt günstiger sind. Zwar muss man mit mehr Reparaturen rechnen, aber die sind meist günstiger, als bei neuen Autos, weil die Technik einfacher ist. Alte Autos haben weniger Wertverlust und für Diebe und Randalierer sind sie auch nicht sonderlich interessant. Als ich mein letztes Auto gekauft habe, habe ich mir geschworen, es würde mein letzter PKW sein, das nächste Fahrzeug wird eines, in dem ich wohnen kann. Ein Wohnmobil sollte es werden. Vor eineinhalb Jahren war es soweit: ich habe mir einen leeren Kastenwagen gekauft, den ich selbst zum Wohnmobil ausbauen wollte. Das war der erste Schritt in die Richtung, die ich erstmals vor 35 Jahren beschreiten wollte und heute sitze ich in der noch fast leeren „Blechdose“, auf dem Weg in eine andere Zukunft.
„Fast leer“ ist nur halb richtig: ich habe ein Bett, Strom, eine Toilette, Kochgelegenheit, Kühlbox und Heizung, aber es ist alles noch in Kästen verstaut, nicht richtig befestigt und von komfortabel ein großes Stück entfernt. Vor knapp einem halben Jahr habe ich mich von meiner Freundin getrennt, den Winter und den halben Frühling bei meiner Schwester verbracht und jetzt bereite ich mich auf eine große Reise vor: in zweieinhalb Wochen geht es nach Spanien. Bis dahin habe ich noch eine Präsenzschulung im Sauerland, einen Termin in Bremen und ich muss noch diverse Dinge, die ich dann brauche, aus der Garage eines Bekannten, aus einer Storage-Box und aus dem Keller meiner Schwester abholen.
Dann geht es los nach Spanien, in die Region Murcia auf dem Festland, relativ weit im Süden. Nur wenige hundert Meter vom Meer entfernt werde ich für einige Monate mein Basislager aufschlagen und meine „Blechdose“ zu einem Wohnmobil ausbauen. Da kann das Fahrzeug auch mal tagelang stehen, ohne bewegt zu werden, ich habe den Platz und die Möglichkeiten, die ich für den Ausbau brauche und nebenbei habe ich in Spanien auch noch was zu erledigen, das sich für mich vor Ort besser anfühlt, als aus der Ferne. Sagt einer, der seit drei Jahren zu 100% remote arbeitet, dessen Smartphone und Notebook Musikanlage und TV sind und der schon seit Jahren keine Post- oder Bankfiliale mehr betreten hat. Bei Behörden geht das manchmal nicht anders, aber die haben ja auch noch Faxgeräte.
Seit einer Woche bin ich jetzt in meiner Blechdose unterwegs und suche mir immer mal einen neuen Platz zum Übernachten. Ich stehe frei, d.h., ich fahre nicht auf die kostenpflichtigen Campingplätze. Außer einer Dusche habe ich alles dabei und zum Duschen gehe ich auf Autohöfe oder ins Schwimmbad. Gut zwei Wochen noch übe ich mich also in einer mir noch weitgehend bekannten Umgebung darin, das zu tun, was mit dem ausgebauten Wohnmobil und zwischendurch auch immer mal zeitweise mein neuer Lebensstil werden soll: unterwegs in der Welt, zuerst mal die beliebten südlichen Länder Europas, später werde ich sehen, wohin es mich verschlägt.
Essen, schlafen, arbeiten
Schon vor 35 Jahren hatte ich die Idee, in einem Wohnmobil durch Europa zu reisen. Damals war das Internet noch in seinen Anfängen, zur Arbeit war das nur bedingt geeignet. Mobiles Internet gab es noch gar nicht. Die Handys, die noch lange keine Smartphones waren, wurden gerade etwas kleiner, so dass man sie auch schon mal in einer Jackentasche mitnehmen konnte. Damals habe ich die Idee gehabt, zu essen, wenn ich Hunger habe, zu schlafen, wenn ich müde bin und zu arbeiten, wenn ich Geld brauche.
Heute fängt dieses Leben an. Oder in zweieinhalb Wochen. Oder vor einer Woche. Oder vor fünf Monaten. Oder vor eineinhalb Jahren. Je nachdem, wie man den Anfang definiert. Ok, arbeiten kann ich nicht einfach nur dann, wenn ich Geld brauche, denn ich habe einen ganz normalen 40-Stunden-Job. Mein Arbeitgeber schaut sich das Ganze mit einer gewissen Skepsis an, aber in den letzten drei Jahren hat es auch funktioniert. Na gut, da war ich nur 200km vom Büro entfernt und konnte bei Bedarf mal schnell hinfahren. Der Bedarf war fast nie da, eine echte Notwendigkeit gab es nicht.
In Südspanien ist es im Juli und August so heiß, dass es ziemlich sicher keinen Spaß macht, nachmittags zu arbeiten. Da wird mir was zu einfallen: das Haus, wo ich meine temporäre Basis aufbaue, ist im Inneren relativ kühl, im Wohnmobil habe ich eine Klimaanlage und auch unterwegs genügend Strom, die nachmittags für vier Stunden laufen zu lassen und trotzdem noch kochen und später duschen zu können. Vielleicht bin ich nachmittags auch nur erreichbar und arbeite bei Bedarf, während ich die Regelaufgaben frühmorgens oder spätabends erledige. Kommt Zeit, kommt Rat.
Für heute darf es das gewesen sein. Der Plan ist, auch, wenn Gott dabei vor Lachen vom Stuhl fällt, an mindestens drei Tagen pro Woche hier einen neuen Post zu veröffentlichen. Manche davon werden sehr kurz sein, andere dagegen werden mit kleinen Taschenbüchern mithalten können. Auch hier werde ich mich mit der Zeit entwickeln. Sei gespannt wie ich, was hier in Zukunft kommt und
Mach, was Du willst!
Jörg